Christoph Leitl-Palin – Unser Mr. President

18. August 2009 | Von | Kategorie: Meinung

Eigentlich wollte ich zu dem Thema gar nichts schreiben, aber so viele Freunde haben mich in den letzten Tagen auf den fast schon legendären Auftritt unseres Wirtschaftskammerpräsidenten Leitl in der ZIB 2 vor rund 10 Tagen zum Thema AUA angesprochen, da musste ich jetzt doch ran an die Tasten. Ja, ich habe ihn auch gesehen, unseren Super Präsi, und ungläubig ist mir ein Kelly-Kartoffelchip im krisengebeutelten Hals stecken geblieben. Während wir über die unbeholfenen Auftritte der US-Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin witzeln, scheint ihr geheimer Zwillingsbruder unser Kammerpräsident zu sein – allerdings nicht so gut aussehend und mit definitiv billigerer Garderobe. Aber der Auftritt von Leitl im ORF lässt Palin wie einen tiefgehenden intellektuellen Leuchtturm der wirtschaftlichen Hoffnung aussehen- sowohl aus rhetorischer als auch inhaltlicher Sicht.

Ich gebe zu, ich bin der Polemik nicht abgeneigt. Warum auch in einem Land, in dem sie tagtäglich von PolitikerInnen, Sozialpartnern und bunt bedrucktem Klopapier vorgelebt wird. Deshalb meine bescheidenen PR-Tipps für einen wirtschaftlich-präsidialen TV-Auftritt an Leitl-Palin: Dear Mr. President, wenn an einem Tag die Börsen krachen gehen, die Rezession zur absoluten Sicherheit wird und das wichtigste Privatisierungsprojekt der letzten Jahre in einer wirtschaftlichen Katastrophe endet, dann setzt man sich nicht dauergrinsend in eine Nachrichtensendung.

Es sei denn,  dass gerade solche Krisentage für jene zum Tag der Freude werden, die ihr Leben und ihre Privilegien seit Jahren mit Zwangsabgaben der Steuerzahler finanzieren. Die sehen gerade dann, wie gut sie es sich gerichtet haben. Wie sicher sie ihre Zukunft mit Zwang und einer Vergewaltigung der österreichischen Verfassung abgesichert haben. Ich muss zugeben, so gesehen macht das präsidiale Grinsen wieder Sinn. Also, ich ziehe meinen Tipp zurück und dafür meinen Hut. Mr. President, Respekt für diese Chuzpe.

Aber so wie Palin, reduziert sich Leitl leider nicht nur auf sein Grinsen, nein, er spricht auch noch zu den heißen Themen des Landes – also z.B. zur AUA. Ihr fragt, was hat er gesagt? Wir sollen „ruhig Blut bewahren.“ Wer ist „wir“? Wir, die die Scheiße, die von unseren wirtschaftlichen Führungskräften verursacht wurde, auch noch bezahlen müssen. Meint Leitl also uns? Oder meint er mit „wir“ sich selbst und jene, die noch aus jeder Krise gut ausgestiegen sind? Politiker, Sozialpartner, Politbankster, etc.? Ich hoffe, dass die WKO auch ruhig Blut behält, wenn ich aufhöre meine Zwangsumlage zu bezahlen?  Ich bin ja froh, dass Leitl angesichts aller Krisen „ruhig Blut“ bewahrt.

Was soll man bei der AUA nun tun? Also spricht unser Präsiden: „Gar nichts, abwarten. Später dann selbst sanieren und eine Gewinn bringende AUA in ein paar Jahren verkaufen.“ Wie sagt er so schön? Das sei eine typisch österreichische „win, win,win-Situation“ und grinst in die Kamera. Noch mal: hier sprach nicht Sarah Palin oder George doubleyou Bush. Das ist unser höchster Wirtschaftsvertreter. Wir werden also selbst sanieren. Und da ist das Thema schon wieder. Wer ist „wir“. Geht Hr. Leitl nach Hause und sagt zu seiner Familie: „Meine Lieben. Das wird ein kleines Weihnachten dieses Jahr, weil wir, euer Präsident, beschlossen haben mit dem Familiensilber die AUA zu retten.“ Oder meinte er die Wirtschaftskammer? Werden unsere Zwangsabgaben zur Finanzierung der bis zum letzten Hemd ausgebeuteten AUA Belegschaft – samt Vorstand, Aufsichtsrat, Piloten, Schüssel, Prinzhorn, etc. – genutzt?  Oder meint er mit „wir“ das Gleiche wie jene politischen Gartenzwerge aus Österreichs föderalen Anstalten für die geistig Herausgeforderten (landläufig auch Landtage genannt), die irgendetwas von identitätsstiftender rot-weiß-roter Schwanzflosse stammeln – also ich hoffe zumindest, dass sie von „Schwanzflosse“ gesprochen haben und nichts anderes -, die von „uns“ erhalten werden muss. Die meinen nämlich sicher mich und Euch, werte Leser.

Ah ja, und der genialste Satz von Leitl-Palin in der ZIB 2 war: „Die (ich denke er meinte die Lufthansa) kochen auch nur mit Wasser.“ Das mag schon stimmen, aber wie der Auftritt Leitl-Palins im ORF bewiesen hat: während „die“ mit Wasser kochen, versuchen unsere Hirnis gerade mit zwei Ziegelsteinen das Feuer in gang zu bekommen. Sie wären wahrscheinlich schneller, wenn sie sich die Steine nicht gegenseitig auf die Birne hauen würden.  Ah falsches Bild. Das bin ja ich, der angesichts der offen zur Schau gestellten Inkompetenz des WKO-Präsidenten mit dem Kopf gegen den Couch-Tisch drischt.

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Originally posted 2008-11-01 18:42:39.

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2 Kommentare auf "Christoph Leitl-Palin – Unser Mr. President"

  1. kärntnerbua sagt:

    Gehts der Wirtschaft gut, gehts den Bossen gut.

    http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/politik/regierung/1611575/index.do

    Weg mit 13. und 14. Gehalt, aber flott!

    :( ((

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  2. wir sind faymann sagt:

    der fehler ist immer wieder der gleiche: milchmaedchenrechnungen aus der betriebswirtschaftslehre des 20.jahrhunderts, die sich nur auf die kostensenkungen konzentrieren sind fuer das zeitalter des populismus untauglich.

    kein problem, wenn der aufwand hoeher ist als der umsatz. wer wird schon personalkosten senken und beim sachaufwand sparen, wenn der grosszuegeige steuerzahler im ernstfall jederzeit zur kasse gebeten wird.

    und die 3% defiizitgrenze werden wir auf 10% anheben, das schaffen wir dann locker.

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