AUA-Chef Alfred Ötsch: Ich bin nicht kursrelevant!

24. Februar 2011 | Von | Kategorie: Exklusivinterviews , Wirtschaft

Wien – Die Aufregung war groß, als Ende letzter Woche bekannt wurde, dass die österreichische Fluglinie AUA einen Jahresverlust bis zu 475 Millionen Euro einfahren werde. Aber nicht nur die Aufregung war groß, sondern auch die Überraschung in Finanz- und Wirtschaftskreisen – na ja, vielleicht nicht bei allen, denn ÖIAG, AUA-Vorstand, Lufthansa und einige wussten davon. Nur die irrelevante Gruppe der Aktionären musste natürlich wieder Kritik anbringen, den sie waren von den Zahlen überrascht worden. Die ÖIAG-Sprecherin reagierte auf Kritik zur Informationspolitik kühl, überlegt und professionell: „Die Information über den über Nacht eingetretenen Verlust von fast 500 Millionen Euro ist nicht kursrelevant.“ MeinEURO.at bat Alfred „Stand-Alone“ Ötsch, Vorstandschef der AUA, zum Exklusivinterview.

MeinEURO.at: Entspricht es auch ihrem Verständnis von Transparenz und professioneller Informationspolitik, dass ein Verlust von mehreren Hundert Millionen Euro nicht kursrelevant ist?

Ötsch: Na sicher. Nachdem nichts was ich in der letzten Zeit gesagt und angekündigt habe auch nur im entferntesten etwas mit der Realität zu tun gehabt hat, kann man auch diese Verlustankündigung nicht ernst nehmen. Also ist es juristisch gesehen nicht kursrelevant.

MeinEURO.at: Also ihre Position ist: ich rede so viel wenn der Tag lang ist, dass man gar nichts mehr ernst nehmen kann und daher kann ich per juristischer Definition nichts mehr Kursrelevantes sagen, weil jeder verrückt wäre irgendetwas von mir ernst zu nehmen. Kurz gesagt, keine öffentliche Stellungnahmen der AUA ist kursrelevant, weil eh nur Schwachsinn kommuniziert wird?

Ötsch: Ja genau. So haben mir die Juristen das erklärt.

MeinEURO.at: Was genau haben die erklärt?

Ötsch: Die haben meine vergangenen öffentlichen Aussagen, wie z.B. „die AUA ist saniert“,“wir sind bereit für eine Stand-Alone-Lösung“ oder „wir werden dieses Jahr 125 Millionen Euro Verlust einfliegen“ analysiert und haben zu recht festgestellt, dass keine meiner Aussagen je auch nur im Ansatz der Realität entsprochen hat. Juristisch gesehen bin ich „wirtschaftlich nicht zurechnungsfähig und unmündig“.

MeinEURO.at: Könnte es sein, dass sie hier versuchen schon zukünftigen Klagen und Angriffen nach ihrer Zeit bei der AUA juristisch vorzubeugen?

Ötsch: Auf keinen Fall. Aber es muss schon jedem klar sein, dass ganz allgemein und juristisch gesprochen, ein Mann, der weder zurechnungsfähig noch mündig ist, auch nicht für sein Handeln verantwortlich gemacht werden kann. Viel mehr müssen die verantwortlich gemacht werden, die diesen armen Mann in so eine missliche und schwierige Lage gebracht haben. Also die, ganz allgemein gesprochen, ihn mit einem bestimmten Job und der Verantwortung dafür wissentlich überfordert haben. Na ja, und wenn dann Aktionäre dumm genug sind in so ein Unternehmen zu investieren, dann gehören sie ja bestraft. So wie derzeit am Finanzmarkt oder von den Bankstern im Bankensektor. Aber ich kann hier nur so offen sprechen, weil mir bewusst ist, das ich nicht kursrelevant bin und kein Mensch mit gesunden Menschenverstand irgendeine meiner Aussagen ernst nehmen würde oder wird. Schön, gel?

MeinEURO.at: Danke für das Gespräch.

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Originally posted 2008-12-02 00:00:22.

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